2. Januar 2024
Am 01.07.2023 ist das am 22.07.2021 verkündete Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts in Kraft getreten. Damit hat der Bundesgesetzgeber vor allem bestehende Rechtsprechung in Gesetzesform überführt und das Satzungsrecht in den §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) deutlich umfangreicher als bisher festgehalten. Auch wird zum 01.01.2026 ein Stiftungsregister eingeführt werden, in dem anerkannte privatrechtliche Stiftungen einzutragen sind.
In vielen Bereichen ergeben sich durch die Gesetzesreform Konkretisierungen, die sowohl die Grundlage für zukünftige Stiftungen darstellen als auch Auswirkungen auf bereits errichtete Stiftungen haben. Auf einige besonders relevante Punkte soll nachfolgend beispielhaft hingewiesen werden.
Mit der Gesetzesreform machte der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz auf dem Bereich des bürgerlichen Rechts Gebrauch. Das materielle Stiftungsrecht rechtsfähiger privatrechtlicher Stiftungen ist nunmehr nahezu abschließend in den §§ 80 ff. BGB geregelt und somit bundesweit deutlich stärker vereinheitlicht als dies bislang der Fall war.
Den Landesgesetzgebern verbleiben nunmehr die Regelung der Stiftungsaufsicht sowie weitergehende Befugnisse hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Stiftungen. Allerdings ist es noch nicht in allen Ländern bereits zu einer Reform der dortigen Landesstiftungsgesetze gekommen. Bestehen noch abweichende materielle Vorschriften für privatrechtliche Stiftungen im Landesrecht, gilt der Grundsatz Bundesrecht bricht Landesrecht (Art. 31 Grundgesetz). Im Einzelfall kann es hierbei zu Abgrenzungsproblemen zu den zulässigen Regelungen über die Aufsicht kommen.
Nunmehr gesetzlich festgelegt ist in § 81 III BGB, dass zur Errichtung einer Stiftung – nun definiert in § 80 I 1 BGB – die Schriftform hinsichtlich des Stiftungsgeschäfts ausreicht. Ebenfalls kann die Errichtung einer Stiftung in einer Verfügung von Todes wegen angeordnet werden.
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist damit eine notarielle Beurkundung eines Stiftungsgeschäfts, durch das etwa Immobilien oder GmbH-Geschäftsanteile auf die entstehende Stiftung übertragen werden sollen, nicht mehr notwendig. Die tatsächliche Übertragung auf die Stiftung bedarf allerdings weiterhin gegebenenfalls der notariellen Form, was eine Beurkundung auch des Stiftungsgeschäftes bei gleichzeitigem Vollzug der Übertragung schon aus praktischen Gesichtspunkten nahelegen kann.
In § 84a II 2 BGB ist nunmehr klargestellt, dass eine Pflichtverletzung durch Organmitglieder der Stiftung nicht vorliegt, wenn das Mitglied bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln (sog. „Business Judgement Rule“). Der Gesetzgeber stellt damit klar, dass bei der Beurteilung, ob etwa eine Handlung wirtschaftlich sinnvoll war, der erwartbare Kenntnisstand eines gewissenhaften Geschäftsführers bei Vornahme der Handlung, nicht das bessere Wissen im Zeitpunkt der Beurteilung, entscheidend ist.
Bei den Anforderungen an das Verschulden der Organmitglieder differenziert § 84a BGB in seiner neuen Fassung zwischen Organmitgliedern, die keine oder nur eine sehr geringe Vergütung (weniger als EUR 840,00 pro Jahr) erhalten und solchen, die höher vergütet werden. Erstere haften gemäß §§ 84a III 1, 31a BGB nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, letztere grundsätzlich voll gemäß § 280 I BGB.
Von dem gesetzlich vorgegebenen Haftungsmaßstab kann jedoch grundsätzlich abgewichen werden. So ist es möglich, in Stiftungsgeschäft oder mithilfe einer Satzungsänderung eine niedrigere Verschuldensschwelle für unentgeltliche beziehungsweise eine höhere für entgeltliche Organmitglieder zu etablieren. Gerade im Hinblick auf etwaige Anforderungen für die Gewährung eines Versicherungsschutzes besteht hier unter Umständen Gestaltungsbedarf.
§ 85 BGB enthält nun ein in drei Stufen abgeschichtetes System der Satzungsänderung. So ist eine Änderung oder erhebliche Beschränkung des Stiftungszwecks nach § 85 I BGB nur möglich, sofern der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann oder wenn dieser das Gemeinwohl gefährdet.
Weniger restriktiv wird in § 85 II BGB festgelegt, wann der Stiftungszweck in anderer Weise als nach § 85 I BGB sowie wann prägende Bestimmungen der Stiftungsverfassung geändert werden können. Dies ist jeweils erlaubt, wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und die gewünschte Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen.
Neu ist ebenfalls die gesetzliche Aufzählung „regelmäßig“ prägender Satzungsbestimmungen. Solche sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Bestimmungen über den Namen, den Sitz, die Art und Weise der Zweckerfüllung und über die Verwaltung des Grundstockvermögens der Satzung sein, § 85 II 2 BGB. Schließlich können Bestimmungen einer Stiftungssatzung, welche nicht bereits unter die beschriebenen Regelungen fallen, nach § 85 III BGB geändert werden, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
In §§ 86, 86a BGB sind nun die Voraussetzungen für das Aufgehen einer Stiftung in einer anderen näher festgelegt. Auch das Verfahren und die formellen Voraussetzungen sind dabei geregelt. Die Zulegung, § 86 BGB, meint hierbei die Übertragung des Vermögens einer Stiftung auf eine andere, schon bestehende Stiftung. Um eine Zusammenlegung, § 86a BGB, handelt es sich, wenn das Vermögen mindestens zweier Stiftungen auf eine neu gegründete Stiftung im Ganzen übertragen wird.
Mit Zu- oder Zusammenlegung erlischt die bisherige Stiftung. Diejenige, auf die das Vermögen übertragen wird, ist Gesamtrechtsnachfolgerin, § 86f I BGB. Daher hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Zu- oder Zusammenlegung nicht der freien Entscheidung der Stiftungsorgane unterliegt, sondern nur dann in Frage kommt, wenn sich unter anderem die Verhältnisse seit der Errichtung der Satzung wesentlich verändert haben und eine Satzungsänderung nach § 85 II BGB nicht ausreicht, um die Stiftung an die neuen Verhältnisse anzupassen.
In den §§ 87 ff. BGB ist nun ausdrücklich bestimmt, dass die Auflösung der Stiftung durch den Vorstand, § 87 BGB, Vorrang vor der Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde, § 87a BGB hat. Der Vorstand soll die Stiftung auflösen, wenn die Stiftung ihren Zweck endgültig nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann. Dies ist nach dem Willen des Gesetzgebers aber erst dann möglich, wenn die Zweckerfüllung nicht schon durch eine Satzungsänderung dauernd und nachhaltig sichergestellt werden kann.
Hinsichtlich der Auflösung und Aufhebung von Stiftungen ist das Landesrecht weiterhin sehr relevant. Zum einen muss die landesrechtlich bestimmte Aufsichtsbehörde auch die Auflösung genehmigen, § 87 III BGB. Zum anderen bestimmt der Landesgesetzgeber weiterhin, welcher Körperschaft das Stiftungsvermögen anfällt, sollte in der Satzung kein Empfänger für den Fall der Auflösung oder Aufhebung festgelegt sein, § 87c I BGB.
Neben den bereits in Kraft getretenen Änderungen zum 01.07.2023 wird zum 01.01.2026 weiterhin durch das Stiftungsregistergesetz (StiftRG) ein bundesweites Register, welches nach Aufbau und Funktion mit dem Handelsregister vergleichbar ist, eingeführt werden. Rechtsfähige privatrechtliche Stiftungen sind dann gemäß § 82 II 1 BGB nach Anerkennung zu dem Stiftungsregister anzumelden.
Nach § 82c BGB werden die dort eingetragenen Stiftungen dann im Rechtsverkehr den Zusatz „e.S.“ führen. Der Zusatz „e.VS.“ wird dagegen von eingetragenen Verbrauchsstiftungen, § 80 I 2 BGB, geführt werden. Verbrauchsstiftungen sind für eine bestimmte Zeit, mindestens jedoch 10 Jahre, errichtet, während der sie zur Erreichung ihres Zweckes das Stiftungsvermögen zu verbrauchen haben.
Für das Handeln der Stiftungsorgane ist besonders die Einführung eines auf das Register bezogenen Vertrauensschutzes in § 82d BGB bedeutsam. Hier wird festgelegt, dass die Stiftung Dritten nach § 82b II 2 BGB einzutragende Tatsachen, etwa eine Beschränkung der Vertretungsmacht einzelner Vorstandsmitglieder, nur dann entgegenhalten kann, wenn diese tatsächlich eingetragen sind, § 82d I BGB. Umgekehrt müssen Dritte nach § 82d II BGB in das Register eingetragene Tatsachen gegen sich gelten lassen, außer sie kannten diese weder noch mussten sie diese kennen.
In der Praxis wird die Handhabung der Einsichtnahme in das Register, § 15 StiftRG, im Spannungsfeld mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Organmitglieder und in der Satzung begünstigter Personen zu beobachten sein. Dies ist besonders relevant, da in dem Stiftungsregister teilweise deutlich mehr Daten als in den bestehenden Stiftungsverzeichnissen der Länder abrufbar sein werden, § 2 StiftRG.
§ 15 1 StiftRG sieht bisweilen vor, dass der Einblick in das Register und die dort hinterlegten Dokumente, zu denen auch die Stiftungssatzung gehört, jedermann gestattet ist. Dies ist zwar nach § 15 2 StiftRG wegen eines berechtigten Interesses der Stiftung oder Dritter begrenzbar. Wie das nach § 1 I StiftRG als Registerbehörde zuständige Bundesamt für Justiz und das hier gemäß § 19 Nr. 4 StiftRG verordnungsermächtigte Bundesministerium für Justiz mit dieser Ausnahme im Hinblick auf vor allem in den Satzungen von Familienstiftungen enthaltene Informationen zu Lebensumständen und persönlichen Beziehungen der Beteiligten umgehen werden, bleibt abzuwarten. Gegebenenfalls besteht hier schon jetzt Bedarf, Satzungen im Hinblick auf den Schutz von persönlichen Daten zu prüfen und anzupassen, soweit dies möglich ist.
Die gesetzgeberischen Änderungen sind weitgehend zu begrüßen, da viele praktische Probleme rund um das Thema „Stiftung“ nunmehr einer verbindlichen gesetzlichen Regelung zugeführt werden. Für jedwede Fragen zum Thema Stiftung stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
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