19. Oktober 2017
Die für die (insolvenz- und steuerrechtliche) Praxis von hoher Bedeutung getroffene Entscheidung des BFH vom 27.09.2017 –IX R 36/15 führt zu einer Änderung der Rechtsprechung zu Finanzierungshilfen. Diese können grundsätzlich nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten steuerlich geltend gemacht werden.
Kommt es zu einer Unternehmenskrise, bleibt die Finanzierung durch die Gesellschafter häufig die einzige Finanzierungsalternative. Dabei werden oftmals seitens der Gesellschafter Darlehen oder Bürgschaften für Bankkredite bereitgestellt, statt das Geld für die Finanzierungshilfe als (steuerneutrale) Einlage zu gewähren. Solch krisenbestimmte Darlehen bzw. Bürgschaften wurden in der Vergangenheit unter bestimmten Voraussetzungen als Eigenkapital („eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe“) behandelt, mit der Folge, dass auf Ebene des Gesellschafters nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung entstanden sind. Diese konnten bisher bei Veräußerung oder Auflösung des Unternehmens in der Steuererklärung des Gesellschafters gewinnmindernd berücksichtigt werden bzw. konnten einen entsprechenden Verlust erhöhen.
Mit der Entscheidung des BFH stellen durch Forderungsausfall entstandene Verluste für Gesellschafter aus ihren Finanzierungshilfen nun keine nachträglichen Anschaffungskosten mehr dar, sodass Verluste aus krisenbestimmte Darlehen steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden können. Der BFH begründet seine Entscheidung mit der Aufhebung des Eigenkapitalrechts und den daraus entstandenen insolvenzrechtlichen Regelungen mit der Folge, dass krisenbestimmte Darlehen und Bürgschaften als nachrangige Forderungen gegenüber der Insolvenzmasse zu behandeln sind und somit keine Kapitalbindung mehr eintritt. Er verweist hierzu auf das „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ von 2008.
Zwar sind Gesellschafter künftig nicht mehr berechtigt Forderungsausfälle als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Allerdings hat der BFH in seinem Urteil eine „zeitliche Anwendungsregelung getroffen. Danach können sich betroffene Gesellschafter auf Vertrauensschutz für die Vergangenheit berufen und somit auf die alte Rechtslage zurückgreifen, soweit die Finanzierungshilfen bis zum 27.09.2017 (Tag der Veröffentlichung des Urteils) geleistet wurden bzw. die Finanzierungshilfe bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Eine steuerliche Berücksichtigung für vor diesem Stichtag ausgereicht Finanzierungen kommt somit in Betracht. Bei künftigen Finanzierungen sollten Gesellschafter unter Berücksichtigung des Urteils die Vor- und Nachteile der verschiedenen Finanzierungsformen (insbesondere Fremd- bis Eigenkapital) genau gegeneinander abzuwägen.
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