Mit dem Jahreswechsel sollen wieder eine Vielzahl an steuerlichen Neuregelungen in Kraft treten. Im Kern zielen die Neuerungen darauf ab, die Verfahren zu digitalisieren und effizienter zu gestalten, mehr Rechtssicherheit zu schaffen sowie und insbesondere Inflationsanpassungen vorzunehmen. Darüber hinaus sollen weitere Maßnahmen im Hinblick auf die stark steigenden Energiepreise zur Entlastung von steuerpflichtigen Personen und Unternehmen auf den Weg gebracht werden.
Insbesondere hat sich die Ampelkoalition im September 2022 auf ein weiteres Entlastungspaket (Drittes Entlastungspaket) verständigt und das Bundeskabinett hat am 14. September 2022 den Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) verabschiedet, um weitere Erleichterungen für Steuerpflichtige zu schaffen. Eine Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag und Bundesrat steht allerdings noch aus.
THEOPARK-Partner Michael Krumwiede und Senior Associate Manuela Gräbner stellen im Folgenden die wichtigsten geplanten steuerlichen Neuerungen für das Jahr 2023 dar.
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Drittes Entlastungspaket I Inflationsausgleichsgesetz
Das Dritte Entlastungspaket zoll zügig umgesetzt werden. Es handelt sich um ein sehr umfangreiches Paket mit einer ganzen Vielzahl an Maßnahmen. Insgesamt sollen steuerpflichtige Personen und Unternehmen um 65 Milliarden Euro entlastet werden. Die einzelnen Maßnahmen werden in verschiedenen Gesetzgebungsverfahren, wie dem Inflationsausgleichsgesetz, umgesetzt. Besonders folgende Neuerungen sind dabei erwähnenswert:
- Einmalige Energiepreispauschale für Rentner
- Einmalzahlung für Studenten und Fachschüler
- Reform des Wohngelds
- Erhöhung und Einführung des Bürgergeldes
- Anhebung der Höchstgrenze für sog. Midijobs
- Regelungen zum Mieterschutz aufgrund der gestiegenen Energiekosten
- Bundesweites Ticket im Öffentlichen Nahverkehr als Nachfolger des 9-Euro-Tickets
- Verlängerung der Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld
- Steuer- und sozialversicherungsfreier Zuschuss in Höhe von bis zu 3.000 Euro
- Verlängerung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie
Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf des sog. Inflationsausgleichgesetzes bereits veröffentlicht. Aufgrund der Inflation sollen steuertarifliche Anpassungen vorgenommen werden. Diese Maßnahme sieht sowohl für Bürger als auch Unternehmen Entlastungen vor. Die kalte Progression soll durch eine Anpassung der sog Tarifeckwerte ausgeglichen werden. Geplant ist außerdem die Erhöhung des Grundfreibetrags ab 2023 auf 10.632 Euro und ab 2024 auf 10.932 Euro.
Das Inflationsausgleichsgesetz sieht außerdem eine Erhöhung des Kindergelds, des Kinderfreibetrags und des Unterhalthöchstbetrags vor.
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Jahressteuergesetz 2022
Mit dem JStG 2022 sollen die Weichen für ein effizienteres und transparentes Steuersystem gestellt werden. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Steuerentlastungen und Anpassungen, mit denen die Digitalisierung der Steuerverwaltung weiter vorangetrieben wird. Gleichzeitig werden notwendige Anpassungen an EU-Recht und sowie an die Rechtsprechung des EuGHs, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs vorgenommen. Die wesentlichen Maßnahmen im Überblick:
- Abschreibung von Immobilien: Neu ist im Regierungsentwurf, dass der Zeitpunkt der Anwendung des auf 3 Prozent (bisher 2%) erhöhten linearen AfA-Satzes für neue Wohngebäude auf eine Fertigstellung nach dem 30.06.2023 (anstelle des 31.12.2023) vorgezogen werden soll. Zudem soll die Möglichkeit, die AfA abweichend zum typisierten AfA-Satz nach einer begründeten tatsächlichen Nutzungsdauer vorzunehmen, ab dem Veranlagungszeitraum 2023 entfallen. Letzter Maßnahme steht dabei aber in jedem Fall im Widerspruch zum vorgegebenen Ziel einer Steuerentlastung.
- Homeoffice-Pauschale: Die Homeoffice-Pauschale soll ab dem Veranlagungszeitraum 2023 im Gesetz in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6c EStG-E dauerhaft etabliert werden und auf max. EUR 1.000,00 angehoben werden und wie bislang EUR 5,00 je Tag im Homeoffice betragen. Der Betrag von EUR 1.000 ist auf alle Einkunftsarten aufzuteilen, sollte der Steuerpflichtige sein Homeoffice für mehrere Einkunftsarten nutzen, und wird somit in Gänze nur einmal gewährt.
- Häusliches Arbeitszimmer: Die Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer sollen erleichtert werden. Bislang können Aufwendungen bis zu einer Höhe von EUR 1.250,00 abgezogen werden, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG-E soll ab dem Veranlagungszeitraum 2023 nunmehr einen Pauschbetrag von EUR 1.250,00 zur Vermeidung von administrativem Aufwand gewähren, wenn kein anderer Arbeitsplatz außer dem häuslichen Arbeitszimmer zur Verfügung steht, ohne dass die Aufwendungen im Einzelnen nachgewiesen werden müssen. Ein Vollabzug der Aufwendungen für den Fall, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet, soll nach der neuen Regelung nur noch dann möglich sein, wenn ebenfalls kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
- Weitgehende Abschaffung Steuerpflicht von IP-Überlassungen in sog. Registerfällen: Die Steuerpflicht sog. Registerfälle soll weitgehend für nach dem 31.12.2022 zufließende Vergütungen bzw. für Drittlizenzen, die also nicht zwischen nahestehenden Personen vereinbart wurden, bereits rückwirkend abgeschafft werden. Für die Zahlung von Vergütungen seit dem 01.01.2022 soll die Besteuerung in § 10 Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) geregelt werden, so dass nur Zahlungen an Rechtsträger in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet erfasst werden.
- Rentenbeiträge: Die Rentenbeiträge sollen bereits ab 2023 voll als Sonderausgaben berücksichtigt werden und nicht nach derzeit geltender Regelung erst ab 2025.
- Anpassungen an die Inflation: Das JStG 2022 sieht zudem folgende Anpassungen an die Inflation ab dem Veranlagungszeitraum 2023 vor:
- Anstieg des Sparerpauschbetrags von EUR 801,00 bzw. EUR 1.602,00 bei Zusammenveranlagung ab dem Veranlagungszeitraum 2023 auf EUR 1.000,00 bzw. EUR 2.000,00
- Erhöhung des Ausbildungsfreibetrags von derzeit EUR 924,00 ab dem Veranlagungszeitraum 2023 auf EUR 1.200,00
- Änderungen des BewG: Die Grundstücksbewertung im Bewertungsgesetz nach §§ 177 ff BewG-E soll mit Wirkung ab Inkrafttreten des Gesetzes an die Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.07.2021 angepasst werden. Die geplante Neuregelung zieht in erster Linie Änderungen im Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke nach sich. Nach derzeitigem Stand des Entwurfs ist mit erheblichen Sachwertsteigerungen von bis zu 50 % zulasten der Steuerpflichtigen zu rechnen. Ebenso steht eine Erhöhung der Ertragswerte bevor. Die Änderungen sollen nach derzeitigem Stand ab dem 1.1.2023 greifen. Diese auf den ersten Blick unscheinbare Anpassung birgt reichlich Zündstoff und wird vor der Umsetzung noch zu vielen Diskussionen führen, weil es insbesondere im Bereich der Erbschaft- und Schenkungssteuer zu massiven Steuermehrbelastungen kommen kann. Auch dies widerspricht dem eigentlich Ziel der gesetzlichen Maßnahmen – nämlich der Steuerentlastung von Bürgerinnen und Bürgern.
- Neuerungen im Bereich Photovoltaikanlagen: Das JStG 2022 sieht zudem folgende Anpassungen im Bereich Photovoltaikanlagen ab dem Veranlagungszeitraum 2023 vor:
- Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 wird eine Ertragssteuerbefreiungeingeführt für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien).
- Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll in Zukunft ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatzgelten, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Da Photovoltaikanlagenbetreiber bei der Anschaffung der Anlage damit nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, müssen diese nicht mehr auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, um sich die Vorsteuerbeträge erstatten zu lassen.
- Ehegattenübergreifende Verlustverrechnung: Mit Urteil vom 23. November 2021 (VIII R 22/18) versagte der BFH mangels Rechtsgrundlage die Verrechnung der Verluste aus Kapitalvermögen des einen Ehegatten mit den Gewinnen aus Kapitaleinkünften des anderen Ehegatten. Der Gesetzgeber lässt nun mit der Neufassung des § 20 Abs. 6 S. 3 EStG-E die entsprechende Verrechnung rückwirkend ab 2022 zu.
- Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung im Umsatzsteuergesetz: Die Anträge auf Steuervergütung für Leistungsbezüge zur Verwendung zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken im Drittlandsgebiet nach § 4a UStG und die Steuererklärung zur Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5a UStG) sollen künftig in elektronischer Form abgegeben werden können.
- Umsatzsteuer auf Gaslieferungen: Der Umsatzsteuersatz auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz soll vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 auf 7 Prozent gesenkt werden. Die Bundesregierung erwartet, dass die steuerpflichtigen Unternehmen diese Senkung vollständig weitergeben. Da die Gasumlage nur bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz erhoben wird, unterliegen Lieferungen von Gas über andere Vertriebswege, wie z. B. Tankwagen oder Kartuschen, weiterhin dem regulären Umsatzsteuersatz.
- Strom- und Energiesteuer: Der Spitzenausgleich bei der Strom- und der Energiesteuer wird um ein weiteres Jahr verlängert. Damit werden rund 9.000 energieintensive Unternehmen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro entlastet. Unternehmen, die von diesem Spitzenausgleich profitieren, sollen Maßnahmen ergreifen, um den Verbrauch der Energie zu reduzieren.
Das Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2022 wird voraussichtlich bis zum Jahresende 2022 abgeschlossen sein.
Ansprechpartner:
Michael Krumwiede, Steuerberater, Partner
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Tel.: +49 (9 11) 50 96 17 30 | E-Mail: michael.krumwiede@theopark.com
Manuela Gräbner, Steuerberaterin, Senior Asscociate
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