10. April 2018
THEOPARK-Partner Alexander Saueracker zeigte in seinem Beitrag vom 15.03.2018 über die neue Schiedsgerichtsordnung der DIS bereits auf, wann und aus welchen Gründen Schiedsgerichte im Wirtschaftsrecht eine sinnvolle Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit darstellen können. Im Folgenden beleuchtet THEOPARK-Partner Gernot Giesecke die besondere Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit im Gesellschaftsrecht und führt aus, in welchen Fällen die Aufnahme einer Schiedsklausel in den Gesellschaftsvertrag überlegenswert sein kann.
I. Schiedsvereinbarungen in der Praxis
Der Klassiker unter den Gesellschaftsvertragsgestaltungen enthält nach wie vor eine an ein ordentliches Gericht verweisende oder gar keine Gerichtsstandsklausel. Viele Gesellschafter verpassen damit das Potential, welches eine Schiedsvereinbarung für ihr Unternehmen im Streitfall bringen könnte, indem sie eine solche schlicht nie in Erwägung ziehen. Wenn vorhanden, finden sich in Gesellschaftsverträgen häufig veraltete Schiedsklauseln, welche noch nicht an die aktuelle Rechtsprechung angepasst sind, insbesondere was die Vollständigkeit und Bestimmtheit der Schiedsvereinbarung angeht.
Schiedsvereinbarungen fanden in den letzten Jahren immer wieder Eingang in die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH), wodurch die rechtlichen Grenzen und Voraussetzungen umfassend abgesteckt wurden. In drei stark diskutierten Urteilen äußerte sich der BGH insbesondere zur Frage der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in einer GmbH („Schiedsfähigkeit I-III“).
II. Wann ist eine Schiedsvereinbarung für Gesellschaften empfehlenswert?
Sinnvoll ist die Bestimmung eines Schiedsgerichtes als Anlaufstelle für Streitigkeiten immer dann, wenn ein potentielles Verfahren vertraulich gehalten werden soll. Insbesondere in Familienunternehmen ist häufig nicht gewünscht, dass die „schmutzige Wäsche“ im Rahmen von beispielsweise Gesellschafterstreitigkeiten in der Öffentlichkeit „gewaschen wird“. Auch bei lokal vernetzten Unternehmen besteht bei dem „klassischen“ Gerichtsverfahren eine gute Chance, dass schnell alle regional ansässigen Handelspartner, Investoren und Kunden von dem Verfahren erfahren und Einblicke in das Unternehmen erhalten, die für eine positive Außenwirkung nicht gewünscht sind.
Darüber hinaus kann es als Vorteil der Schiedsgerichte angesehen werden, dass die Schiedsrichter frei gewählt werden können. Zwar wäre es verfehlt zu behaupten, dass ein Richter am ordentlichen Gericht allgemein weniger kompetent und wirtschaftlich erfahren sei als ein Schiedsrichter – insbesondere in den Handelskammern der Landgerichte findet sich wirtschaftsrechtlich spezialisiertes Fachpersonal – aber in besonderen Fällen kann es wünschenswert sein, einen Schiedsrichter auszuwählen, welcher Vorwissen im umstrittenen Bereich mitbringt, wie beispielsweise spezielles Branchenwissen.
Zudem hat sich in der Praxis herausgestellt, dass es im Rahmen von Schiedsverfahren häufiger zu gütlichen Einigungen kommt als in ordentlichen Verfahren und bis zu einer finalen Entscheidung in der Regel kürzere Verfahrensdauern anzusetzen sind.
Es kann allerdings auch Gründe geben, welche gegen die Anrufung eines Schiedsgerichtes und damit gegen eine Schiedsklausel sprechen. In diesem Zusammenhang müssen zum einen die in Relation zu einem „normalen“ Gerichtsverfahren hohen Kosten genannt werden. Zum anderen sind schiedsgerichtliche Urteile nur bedingt überprüfbar. Einen Instanzenzug gibt es an Schiedsgerichten gerade nicht und eine (ordentliche) gerichtliche Aufhebung des Urteils ist an hohe Voraussetzungen geknüpft – eine inhaltliche Überprüfung findet hierbei nicht statt. Bei einer großen Anzahl an Gesellschaftern können sich außerdem Probleme bei der Schiedsrichterauswahl ergeben, da sich jede Seite auf eine Auswahl einigen muss – je mehr Personen auf einer Seite stehen, desto komplizierter kann sich diese Auswahl gestalten.
Teilweise kann eine Schiedsvereinbarung auch aufgrund der Gesellschaftsform nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und geeignet sein. Dies kann beispielsweise bei Personengesellschaften der Fall sein.
III. Wie kann eine Schiedsvereinbarung gestaltet werden?
Grundsätzlich kann die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes auf zwei Arten begründet werden – entweder über eine selbstständige vertragliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern (Schiedsabrede) oder in Form einer Klausel im Gesellschaftsvertrag / Satzung (Schiedsklausel). Erforderlich sind für beide Gestaltungsarten immer die folgenden Voraussetzungen:
Bei Kapitalgesellschaften kann eine Schiedsklausel in die Satzung aufgenommen werden („Satzungslösung“). Bei bestimmten Streitigkeiten, namentlich den Beschlussmängelstreitigkeiten, sind an die Klausel nach ständiger Rechtsprechung besondere Anforderungen zu stellen, um auch derartige Thematiken wirksam abzudecken. Bei einer Aktiengesellschaft ist sogar gänzlich umstritten, ob überhaupt eine Schiedsklausel in Bezug auf Beschlussmängelstreitigkeiten wirksam in der Satzung vereinbart sein kann.
Bei Personengesellschaften ist strittig, ob eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag ausreicht, um eine Zuständigkeit der Schiedsgerichte zu begründen. Vielfach wird der Abschluss einer separaten Schiedsabrede empfohlen, auf welche die „Schiedsklausel“ nur noch verweist („Konsortiallösung“).
Besonderheiten sind bei Schiedsvereinbarungen überdies immer dann zu beachten, wenn Verbraucher an der Gesellschaft beteiligt sind (z.B. bei einer Publikums-KG).
IV. Fazit
Schiedsvereinbarungen spielen im Gesellschaftsrecht eine zunehmend wichtige Rolle – insbesondere für Familienunternehmen und regional verwurzelte Gesellschaften mit überschaubarer Gesellschafteranzahl ist es ratsam, sich über eine solche Vereinbarung Gedanken zu machen. Bei der Einführung selbst sind verschiedene formelle und materielle Punkte zu beachten, welche insbesondere durch die Rechtsprechung der letzten Jahre entwickelt wurden. Wichtig ist es, die Schiedsvereinbarung auf Basis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an die Gegebenheiten des Einzelfalls anzupassen, um eine rechtssichere Lösung zu schaffen. Bereits vorhandene Vereinbarungen und Klauseln sollten regelmäßig auf ihre Aktualität und damit Wirksamkeit hin überprüft werden.